Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, verehrte Damen und Herren der schreibenden Zunft,
der heute hier vorliegende Doppelhaushalt 20/21 bildet den letzten Haushalt in dieser Ratsperiode. Und darum möchte ich diesen Haushalt auch aus dieser Perspektive betrachten. Immerhin trägt meine Fraktion seit 15 Jahren die Verantwortung für jeden hier verabschiedeten Haushalt und hat seit 2004 die Haushalte dieser Stadt gestaltet, geprägt, aber vor allem ihre stadtentwicklungspolitisch definierten Ziele erreicht. Darauf darf man in aller Bescheidenheit ein bisschen Stolz sein. Wir hatten dazu in diesem Rat immer verlässliche Partner, die gemeinsam mit uns gute Ideen für unsere Stadt umgesetzt haben.
Ich habe in meiner letzten Haushaltsrede Karl Marx zitiert und möchte das an dieser Stelle wieder tun. Marx sagt: „In letzter Instanz ist die Ökonomie determinierend!“ Dies bedeutet: Alles was wir politisch tun wollen: Bildungsgerechtigkeit herstellen, Klima und Umwelt schützen und auch städtebaulich unsere Stadt weiterentwickeln, heißt am Ende nach Marx ganz klar: Du musst es finanziell darstellen können! Und das tun wir jedes Jahr mit der Vorlage eines Haushaltes. Der Haushalt ist die finanzielle Abbildung unserer politischen Ideen. Das heißt ganz klar ohne Ökonomie (ursprünglich altgriechisch für Hauswirtschaft!) gibt es keinen Haushalt und keinen Gestaltungsspielraum für diese Stadt. Wer also in Anträgen Forderungen aufstellt, sollte sich immer im Klaren sein, dass er sie im Haushalt der Stadt abbilden muss, ansonsten erhebt er Forderungen für die Galerie.
In dem Doppelhaushalt 2020/21 ist es der SPD-Fraktion gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen der CDU gelungen unsere Ziele in den Bereichen Bildung, Infrastruktur, Stadtentwicklung und Klimaschutz abzubilden!
Bedanken möchte ich mich an dieser Stelle bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung insbesondere bei der Kämmerei für die geleistete Arbeit.
In meiner Rede möchte ich exemplarisch auf einige Schwerpunkte in diesem Haushalt eingehen, die meiner Fraktion besonders wichtig sind.
In unserer Investitions-Dringlichkeitsliste stehen für das Jahr 2020 13,8 Mio. € bereit, 2021 werden es 12,7 Mio. € sein. Um es vorweg zu nehmen, es ist und bleibt viel zu wenig, um unsere Aufgaben für Bildung, Infrastruktur, Stadtentwicklung und Klimaschutz zu erfüllen. ABER: das wenige Geld, das wir haben, geben wir für die Zukunft unserer Kinder aus, versuchen unsere Straßen, Bushaltestellen und Marktplätze instandzusetzen und investieren es in unsere Stadtteilarbeit.
Schwerpunkt 1: Bildung
„Bildung ist nicht alles – aber ohne Bildung ist alles nichts!“ Diese Aussage muss immer Leitlinie sozialdemokratischer Kommunalpolitik sein und das haben wir in den letzten Jahren – trotz chronischer Unterfinanzierung – auch immer deutlich gemacht. In den letzten 5 Jahren haben wir 11,5 Mio. € in den Bildungsbereich investiert. Davon entfielen 8,5 Mio. € auf die Schulen. Dieses Geld ist nicht nur gut investiert, sondern es wird sich auch in der Zukunft rentieren. Denn nur, wer eine umfassende Bildung genießt, hat auch die Chance später einen Job zu bekommen, von dem er oder sie in Würde leben kann und der es auch ermöglicht eine Familie zu gründen.
Darum freue ich mich, dass wir seit 2014 rund 100 zusätzliche Plätze in der Offenen Ganztagsgrundschule realisieren konnten. Dadurch können wir allen Familien, die einen OGS Platz in unserer Stadt benötigen, auch einen solchen Platz anbieten. Somit gewährleisten wir heute allen Familien die unabdingbare Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ich sehe hier einen wichtigen, sogenannten weichen Standortfaktor für unsere Stadt, den wir weiter ausbauen müssen.
Aber auch baulich tut sich etwas im Bildungsbereich: Wir werden den Quertrakt für die Fridtjof-Nansen-Realschule neu bauen. Alle Schultoiletten werden an allen Schulen saniert. In die KITA an der Zechenstraße werden 450.000 € investiert.
Bildung fängt natürlich nicht erst in der Schule an, sondern bei unseren Kleinsten in unseren Kindergärten. Hier kann man die Arbeit der Erzieherinnen und Erzieher nicht hoch genug schätzen. Für mich ist es deshalb ein gutes Zeichen, dass wir zusätzlich 150 U3 Plätze und 220 Ü3 Plätze innerhalb der letzten 5 Jahre schaffen konnten.
Es ist durch Studien wissenschaftlich nachgewiesen, dass der Besuch einer KITA einen unersetzlichen Entwicklungsschub für das Kind darstellt und deshalb möchte ich nochmal klarstellen: KITA ist nicht Betreuung, sondern Bildung und darum sollte sie auch für alle kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Ich freue mich zwar über das 2. beitragsfreie Kindergartenjahr in NRW. Aber ich würde aber gerne für alle Städte in NRW die Elternbeiträge abschaffen und nicht wie in Castrop-Rauxel als Gemeinde im Haushaltssanierungsplan gezwungen zu werden, den Höchstbeitrag anzusetzen! Wo bleibt denn da die Chancengerechtigkeit für die Kinder in NRW? Es muss doch bitte egal sein, ob du in Gelsenkirchen oder in Mohnheim eine KITA besuchst. Ist es aber leider nicht.
Wir stehen weiterhin für die Trägervielfalt der KITAs in Castrop-Rauxel. Diese sehe ich aber durch ein unausgereiftes KIBIZ auf der Landesebene stark gefährdet. Die finanzielle Ausstattung von Kommunen mit großer Trägervielfalt muss deshalb dringend nachgebessert werden!
Bildung muss digital werden. Von daher freue ich mich, dass wir in Castrop-Rauxel in naher Zukunft mit dem Partner Gelsennet alle Schulen an das Glasfasernetz angeschlossen haben werden. Aber auch hier bitte ich alle Beteiligten in Bund und Land dafür zu sorgen, dass nicht nur einmalige Investitionen in Geräte und Ausstattung finanziert werden, sondern auch die Wartung und die Abschreibung solcher Geräte berücksichtig wird. Sonst bleibt der Digitalpakt eine Seifenblase, die irgendwann wieder platzt!
Aber auch im baulichen Bereich konnten wir einige Maßnahmen auf den Weg bringen. So konnte der Marktplatz in Ickern saniert werden, in vielen Stadteilen wie z.B. in Obercastrop konnten Straßensanierungen durchgeführt werden, ohne dass für die Anwohner Beiträge nach dem kommunalen Abgabengesetz angefallen wären. Auch der behindertengerechte Ausbau von Bushaltestellen läuft weiter.
Wir wollen aber auch etwas für die Freizeitangebote der Kinder in dieser Stadt tun. In den letzten Jahren konnte in die Erhaltung unserer Spielplätze nur das Notwendigste investiert werden. Im Haushalt 2020/21 stellen wir nun insgesamt 450.000 € zur Verfügung, um die Attraktivität und die Qualität unserer Spielflächen zu verbessern. In enger Abstimmung mit dem Kinder- und Jugendparlament, soll ein Spielplatzplan erarbeitet werden, der dann diese Gelder in spannende Spielwelten umsetzen soll.
Schwerpunkt 2: Stadtentwicklung
Wo wollen wir uns eigentlich als Stadt hin entwickeln?
Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten, aber darum brauchen wir dringend die personelle Stärkung des technischen Dezernates, um ihr fachlich nachgehen zu können.
Für mich steht aber folgendes schon fest: Stadtentwicklung bedeutet immer Verbesserung der Lebensverhältnisse für die Menschen in dieser Stadt. Das bedeutet aber auch, wer davon spricht, gar keine Entwicklung mehr zulassen zu wollen oder jede Entwicklungsperspektive von vornherein ablehnt, der gibt den einzigen Gestaltungsspielraum auf, den Politik auf der kommunalen Ebene noch uneingeschränkt hat: Der Rat dieser Stadt, und nur der Rat, hat die Planungshoheit und legt die Entwicklungsziele dieser Stadt fest. Das macht kein Investor, kein Interessensverband und auch keine Bürgerinitiative!
Wir haben uns bewusst mit dem 2012 verabschiedeten Flächennutzungsplan dazu entschieden, keine Grünflächen im Außenbereich in die Nutzung als Bauflächen einzubeziehen. Nein, wir haben uns extra auf die Entwicklung von Baulücken im Innenbereich konzentriert. Diese Entscheidung war und ist richtig, aber sie bedeutet auch, das wir neue Instrumente brauchen, um solche Planungen zu gestalten.
Darum muss die Stadtentwicklung neue Formen entwickeln – jenseits der gesetzlichen Pflichten – um Vorab mit den betroffenen und interessierten Einwohnern ins Gespräch zu kommen. Da kann ich die Initiative von unserer Technischen Beigeordneten Frau Lenort – die ab Top 6 als Stadtbaurätin bezeichnet wird – nur ausdrücklich loben. Die Informationsveranstaltung für die Anwohner in Dingen war genau der richtige Ansatz! So wollen wir zukünftig immer verfahren.
Aber auch die politischen Weichen haben wir für eine nachhaltige Stadtentwicklung richtig gestellt. Die Gründung der Grundstücksentwicklungsgesellschaft zusammen mit der Sparkasse Vest war dafür der entscheidende Schritt. Wenn wir als Stadt wieder unabhängig von Investoren, Grundstücke entwickeln wollen, dann können wir nur auf diese Weise, nämlich als Eigentümer der Flächen, festlegen nach welchen sozialen, energetischen und ökologischen Kriterien ein solches Gebiet entwickelt werden soll. Das ist dann der Handlungsspielraum für die Politik und die Unabhängigkeit von der Gnade eines Investors.
Darum stärken wir bewusst diesen Bereich der Stadtentwicklung. Aber auch durch die Gründung der Wirtschaftsförderungs-GmbH, wird es uns ab dem nächsten Jahr gelingen, die Initiativen der Vereine und Verbände in den Stadtteilen besser zu unterstützen. Durch die neue Struktur werden zentrale Ansprechpartner für die Stadtteilvereine geschaffen. Somit wird die Wirtschaftsförderung nicht nur wie heute ein wichtiger Ansprechpartner für Unternehmerinnen und Unternehmer werden, sondern auch für die vielen Ehrenamtlichen in den Stadtteilvereinen.
Schwerpunkt 3: Umwelt-, Energie- und Klimapolitik
Im großen Feld der Umwelt-, Energie- und Klimapolitik hat die SPD-Fraktion – allen Unkenrufen zum Trotz – geliefert.
Seit wir 1997 im Rat das erste Co2 Minderungskonzept beschlossen haben, arbeiten wir alle in diesem Rat beständig weiter an diesen Themen. Darum haben wir bereits als Stadt die gesetzten Klimaziele für das Jahr 2020 erreicht. Darauf sind wir stolz, aber darauf werden wir uns nicht ausruhen! Wir beteiligen uns deshalb am „Innovation City Rollout“ und gehen jetzt in die aktive Beratung der Privathaushalte. Wie bereits im Umweltausschuss dargestellt wurde, besteht das größte Potential CO2 einzusparen in den privaten Haushalten.
Es ist klar, wir müssen noch mehr gegen den Klimawandel tun und gleichzeitig auch Maßnahmen zur Anpassung entwickeln, denn wie jetzt in der Presse wieder zu lesen war, sind Extremwetterverhältnisse keine Seltenheit mehr, sondern werden zu regelmäßigen Erscheinungen. Somit müssen Maßnahmen zur Vermeidung von Hotspots im Sommer oder zur Regenwasserbewirtschaftung ergriffen werden. Hier möchte ich nur beispielhaft unsere Gründachstrategie und die Initiative „Wasser in der Stadt von morgen“ mit der Emschergenossenschaft erwähnen.
Doch auch im Energiebereich müssen wir vorankommen. Es wird Stadtwerke in Castrop-Rauxel mit einem Partner an unserer Seite geben. Unsere jetzigen Vertriebsstadtwerke bieten nur Strom aus 100 % Wasserkraft an und investieren in unserer Stadt in die Windkraftproduktion. Allein das Windrad auf Schwerin spart im Jahr 4500 Tonnen CO2 ein. Wichtig wäre, das die erneuerbaren Energien auch auf Landes- und Bundesebene grünes Licht bekommen. Die derzeitigen Gesetze und Verordnungen bremsen den Ausbau von Windkraft und Solarenergie. Und auch das muss hier allen deutlich gesagt werden. Klimaschutz ist auch in der Kommune nicht zum Nulltarif zu bekommen!
Ich glaube wir werden hier im Rat auch weiterhin gemeinsam die richtigen Entscheidungen für die kommunale Energiewende in Castrop-Rauxel treffen.
Zusammenfassend bleibt zu sagen: Unser Herz schlägt für Castrop-Rauxel!
Die SPD Fraktion steht für eine soziale Stadt des Miteinanders unabhängig von Herkunft und Glauben, für eine Stadt, in der Bildung für unsere Kinder das oberste Ziel bleiben muss, für eine Stadt, die ihre Entwicklung wieder selber in die Hand nehmen will, und für eine Stadt die sich dem Motto des Klimabündnisses der europäischen Städte verpflichtet fühlt: Global denken, lokal handeln!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ein herzliches Glückauf!